Vergangenen Freitag brachte das Herzstück „Nationalsymbol IndustriearbeiterInnen“ der hundertjährigen Filmgeschichte „Eisenerz im Film“ den Alten Tanzsaal zum Bersten. 13 abwechslungsreiche Projektionen sollten in den folgenden zweieinhalb Stunden faszinierende Einblicke in die schweißtreibende Geschichte des Eisenerzer Bergbaus liefern und ganz besonders die IndustriearbeiterInnen in den Mittelpunkt rücken.
Über den regen Publikumszuspruch höchst erfreut, ging die Veranstalterin von eisenerZ*ART, Gerhild Illmaier, in ihren Eröffnungsworten nicht nur auf die Provenienz der cineastischen Leckerbissen ein, sie hob auch die Geschichte des einstigen Tanz- und Vergnügungssaals hervor, der den EisenerzerInnen bis in die frühen 1960er Jahre als Kinosaal diente.
Im Anschluss fand Kurator Wolfgang Stritzinger einleitende Worte zum bevorstehenden Programm, ehe der Abend mit dem Stummfilm A Day in an Austrian Iron Mine von Sascha Kolowrat-Krakowsky aus dem Jahr 1911 eröffnet wurde. Von Zwischentiteln in englischer Sprache begleitet, wird dabei „the pneumatic drill on the mountain“ und der Weg von „liquid iron“ bis zur Veredelung zu Stahl im ersten österreichischen Industriefilm in Szene gesetzt.
Der stetige Anstieg der Erzgewinnung kam durch die Weltwirtschaftskrise in den frühen 1930er Jahren zwar zwischenzeitlich ins Stocken, rückte den Erzberg aber zunehmend in den Fokus des wirtschaftlichen, politischen, aber auch gesellschaftlichen Interesses. Die anrollende deutsche Rüstungsindustrie und die resultierende Absatzsteigerung brachte nahmhafte Politiker in die Region, die sich im schimmernden Glanz des Erzberges schmücken konnten. So zeigen beispielsweise die je zweiminütigen Sequenzen aus Österreich in Bild und Ton Kanzler Kurt Schuschnigg beim feierlichen Wiederanblasen des ersten Hochofens im Jahre 1937.
Im Anschluss zelebrierte Walter Ruttmanns deutsch-nationaler Propagandafilm Metall des Himmels den „schimmernd geschmeidigen Schatz Stahl“ in all seinen Facetten. Die stählerne, teils bombastisch in Szene gesetzte Ästhetik, verfällt dabei immer deutlicher in furchteinflößende Machtrhetorik mit dem klaren Ziel Deutschlands „gestohlene“ Rüstungsvormacht zu remanifestieren. So schweben etwa Federhalter in Flugformationen über Flotten von Büroklammern hinweg und verleihen so dem Filmtitel einen schaudernden Beigeschmack. Diese Art der Machtmetaphern heben zudem die Grundintention des Filmes deutlich hervor. In seinem Impulsvortrag strich der österreichische Filmemacher Georg Wasner unter anderem die Realitätsfremde dieses Kurzfilmes hervor, sowie den Versuch der Nationalsozialisten der Technik die Seelenlosigkeit zu nehmen um sie im Sinne der deutschen Vormacht zu instrumentalisieren und zu romantisieren.
Der Dokumentarfilm Zum Eisernen Berg aus dem Jahre 1940 verschreibt sich der Mission, den „unausgesetzten“ Aufschwung der Ingenieurskunst und der deutschen Wirtschaft anhand des Zugweges von Wien zum Erzberg zu zeigen. Die Unermüdlichkeit der Schub- und Zugmaschinen und der schweißtreibende Einsatz der Arbeiter wird dabei im rhythmischen Staccato der Begleitmusik entsprechend vorangetrieben.
Sturmjahre – Der Leidensweg Österreichs widmet sich der österreichischen Seele und dem Opfermythos der Nachkriegsjahre. In seinem 1937 angefangenen Dokumentarfilm stülpt Frank Ward Rossak ein Spinnennetz über die kränkelnde heimische Wirtschaft und entschuldigt die österreichische Hinwendung zum Nationalsozialismus mit den Leiden der Delogierten, Mittellosen, Kinder und Alten. Als Beispiel für das von Arbeitslosigkeit gezeichnete Land dient dabei auch die Region um den Erzberg, als „einer der vielen fleißigen Arbeiterbezirke“.
In der Folge lieferte der zweiteilige Lehrfilm über den Tagbau auf dem Steirischen Erzberg (1950) spannende Einblicke in die komplexen Arbeitsabläufe am Berg. Mit Zeichentrickanimationen werden dabei die mannigfaltigen Prozesse des Tagbaus veranschaulicht und die Funktionen von Gleisrückmaschinen, Klaubanlagen oder etwa Waschtrommeln beleuchtet.
Der folgende Abschnitt der Filmreihe stand ganz im Zeichen des Filmemachers Kurt Steinwender. Während sein elfminütiges Auftragswerk Ennsfahrt ganz der Dirndlromantik verhaftet ist, dessen Harmlosigkeit durch Fahrten auf Salzachflössern, Heidekraut und romantischen Aufnahmen an der Quelle der Enns unterstrichen wird, widmet sich der kommerzielle Industriefilm Schienen – Die Strassen der Wirtschaft derer Effizienz und Nützlichkeit. Der Kontrast zwischen beiden Werken könnte allein durch die Unterschiedlichkeit im Sprachduktus nicht größer sein. Während Ennsfahrt keine romantischen Clichés auslässt und auch eine dementsprechende sprachliche Gelassenheit vorzieht, wird bei Schienen ein bestimmender Ton eingeschlagen, der die Grenze zum Propagandafilm verwischt.
Zwei Ausschnitte aus ORF-Beiträgen aus den 1960er und 1970er Jahren widmen sich schließlich dem Ausbau der Präbichl-Straße, also der angemessenen Verbindung zur Bezirkshauptstadt und der damit verbundenen Hoffnung auf touristische Erschließung der Region. Den Abschluss des äußerst abwechslungsreichen Höhepunkts der Filmreihe „Eisenerz im Film“, bildete ein sechsminütiger Auszug aus Dampfsymphonie am Erzberg, in dem der Rauch der schweren Dampflokomotiven mit den symphonischen Einwürfen zu einer aufregenden Klangwolke verschmilzt.
Schon am kommenden Freitag, dem 16. August, findet die Schwerpunktfilmreihe zur hundertjährigen Filmgeschichte mit „Block III: Eisenerzfilm 1“ ihre Fortsetzung. Aufgrund des regen Interesses ist zudem für Ende August eine Wiederholung des letztwöchigen Filmabends in Planung.
(Michael Pelitz)