Eine gut aussehende Verfasserin von Erfolgskrimis mit Lokalkolorit, der gestandene Autor eines subversiven Anti-Heimatroman-Klassikers und ein Duo, das frei und eigenwillig mit Jodel- und Weltmusikklängen experimentierte – das waren die Ingredienzien der ersten eisenerZ*ART Sommersondwendfeier, die am Samstag, 21. Juni mitten auf dem Erzberg stattfand.
Das zwar strahlend schöne, aber eher kühle Wetter zum astronomischen Sommerbeginn machte den ursprünglichen Plan zunichte: Ein Hauly sollte den Raum vor der gigantischen Stufenpyramide eingrenzen, mit einer kleinen Bühne davor und den Musikern oben drauf. Immerhin wurde der erste musikalische Akt – unplugged – auf dem Schwerlastkraftwagen inszeniert, nachdem alle TeilnehmerInnen auf der riesigen Plattform eingelangt waren. Allzu reizvoll war diese Bühne für die Musiker… Im Sonnenschein präsentierte sich der Berg wahrlich in den schönsten warmen Farbtönen, zwischen lila, grau und rostrot.
Nach diesem Auftakt kehrte das rund hundertköpfige Publikum in den Innenraum der Bohrerschmiede zurück, wo die Begrüßung und Vorstellung der ProtagonistInnen erfolgte. Der Abend war zweigeteilt, er begann – Lady’s first – mit Claudia Rossbacher. Die Autorin erklärte zunächst, wie sie zum Krimischreiben gekommen war und führte die Hauptfigur ihrer Romane, LKA-Ermittlerin Sandra Mohr, ein. Claudia Rossbacher war damals viel durch die Steiermark gereist und hatte die Krakau als Schauplatz der „Steierblut“-Handlung gewählt, kam dann wenige Jahre später zu den Dreharbeiten nach Eisenerz, weil der Ort von den Filmschaffenden für die Verfilmung auserkoren wurde. Claudia Rossbacher verstand es trefflich, persönliche Geschichten mit Auszügen aus zweien ihrer Bücher – „Steirerblut“ und „Steirerkreuz“ – zu verbinden, und schilderte derart, wie sie sich über immer wieder neue Steirerbände „langsam durch die Steiermark morde“.
Nach einer Pause – leider war es noch nicht ganz dunkel, also noch kein Feuer zu sehen – folgte der zweite Teil des Abends, der von Reinhard P. Gruber, dem steirischen Satiriker schlechthin und einem der meist gelesenen Autoren Österreichs, bestritten wurde. Gruber, selbst Sohn eines Fohnsdorfer Bergarbeiters, las aus seinen beiden Klassikern „Aus dem Leben Hödlmosers“ (erschienen 1973) und „Schilcher ABC“ (erschienen 1988). In ersterem unterteilt er bekanntlich den steirischen Menschenschlag in Feldsteirer, Waldsteirer, Flußsteirer, Bachsteirer, Bergsteirer, Gebirgssteirer und Alpensteirer. In zweiterem nimmt er speziell die Weststeirer aufs Korn. Etwa in Szenen wie der folgenden:
„köflacher bauer: ‚wouhea beistn tou?‘ – obersteirischer bauer: ‚neit fa to.‘ – k. b.: ‚sou schaust a aus, tou bleita troutl!‘ – o. b.: ‚hoiti papm, du westschtairische oaschsau!‘“
Klar, dass Gruber damit wiederholt schallendes Gelächter beim Publikum erntete.
Zwischen die Lese- und Erzählpassagen eingestreut waren einzelne Stücke von Vocal Chordestra, dem Duo Giesriegl – Schmuck. Annette Giesriegl entlockte ihrem Stimmapparat die merkwürdigsten Laute, die zusätzlich elektronisch verändert wurden, während Franz Schmuck – an Mongolen erinnernd – Unterton sang und andere Abarten des Jodelns praktizierte. Mit ihren sonderbaren Instrumenten erzeugten die beiden dazu einen ungewöhnlichen Klangteppich, eine Art experimentelle Weltmusik, die zuweilen auch an Bobby McFerrin denken ließ – bizarr, eigenwillig, großartig, und ganz offenbar nicht nach jedermanns Geschmack, wie an einigen kritischen Stimmen aus dem Publikum zu erkennen war.
Alle Protagonisten hatten sichtlich Spaß am Erzberg aufzutreten und für die BesucherInnen bot sich damit seit Langem wieder die Möglichkeit, ein kulturelles Ereignis an diesem sonst von Bergbau und Extremsport geprägten Ort zu erleben. Der von der Buchhandlung Leykam, Leoben, organisierte Büchertisch fand überaus regen Zulauf. Viele EisenerzerInnen nutzten die Gelegenheit, sich persönliche Signaturen der beiden Autoren zu holen. Für Schmunzeln sorgte die von Grafikerin Nicole erzählte Anekdote, derzufolge eine Gruppe von Eisenerzern in den frühen 1990er Jahren einen kleinen, namenlosen Gipfel neben dem Pfaffenstein „Peak Hödlmoser“ taufte.