Kultur-Polsterlift-Tour

Lustvoll-leichte, üppig mit Kunst garnierte Wanderung mit Aufstiegshilfe, als Hommage an ein baukulturelles Denkmal und seine Aktivisten.

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Prachtwetter und Bombenstimmung bei der Z*ARTen Kulturwanderung

Mit der ersten Kultur-Polsterlift-Tour eröffnete sich letzten Sonntag, just dem letzten Hochsommertag und letzten steirischer Ferientag anno 2024, unserem wanderfreudigen Publikum ein exquisites Bergkulturerlebnis: Es kam bei perfektem Wetter nahezu mühelos in den Genuss eines alpinen Spaziergangs in Verbindung mit einer fein komponierten Mixtur aus Musik-, Literatur- und Kunst-Performance.

Und offenbar fühlten sich viele kulturaffine Menschen von diesem Angebot angezogen – es fanden sich um die 80 oder 90 Teilnehmer*innen aus vier Bundes-ländern (Wien, Oberösterreich, Burgenland, Steiermark) am Polster ein!

…bei der Talstation, Musik von Zurbrügg & Hudecek, Liftfahrt, Bergstation, Aufstieg zur Spitze (alle Fotos: Schubidu Quartet)

Den Auftakt bildete das genüssliche Schweben am revitalisierten Einser-Sessellift von 1200 auf 1800 Meter als meditative zwölfminütige Single-Erfahrung. Von der Bergstation aus galt es einen kurzen, von traditionellen Flügelhorn-Klängen (Helmut Stangl) begleiteten Anstieg zu nehmen um den Polstersattel, Ausgangspunkt des alpinen Kulturspaziergangs, zu erreichen. Auf diesem Hochplateau, das eine Rundum-Aussicht auf die wunderbare Eisenerzer Bergwelt freigibt, erklang stimmungsvoll eine Geige (Toni Burger), bevor zur theatralen Einstimmung der erste Teil der bizarr-amüsanten fünfteiligen Modenschau namens Der letzte Schrei! Oder: Die richtige Bekleidung in den Bergen (Götz Bury) zu erleben war.

Polstersattel mit Polsterspitz, erste Kulturstation, mit Musik von Toni Burger, Teil 1 von Götz Burys Modenschau und herrlichem Bergpanorama

Genusswanderung, begleitet von Flügelhorn- und Jodelklängen (Helmut Stangl, Zurbrügg & Hudecek)

Bei Sonnenschein und klarer Fernsicht schlenderte unsere Gruppe dann das prachtvollste Wegestück, den Polstersattel auf 1900 Meter entlang, um en passant Jodlern zu lauschen – dem melancholischen Königsjodler als Solo und eine zweistimmige Jodelvariation (Helmut Stangl, Zurbrügg & Hudecek) – und den Ausführungen zur umgebenden Bergkulisse zu folgen. Nach dem Abstieg am Osthang machten wir Halt am Hirschegg Sattel um Bodo Hells geistreicher Interpretation von Bauernregeln und Wetterheiligen zu folgen (Johannes Silberschneider), die von Maultrommel und anderen handlichen Klanggeräten begleitet wurde (Toni Burger).

Teil 2 der Modenschau, innovativen Brillen gewidmet, auf dem Weg Richtung Osthang

Der Hirschegg Sattel lud erneut zum Verweilen ein: Hier bot Johannes Silberschneider seine erste Textperformance, musikalisch unterstützt von Toni Burger

Zwar hatten sich bedingt durch das zeitlich versetzte Eintreffen aller Teilnehmer*innen am Sattel zwei Wandergruppen gebildet, doch trafen bei der Leobner Hütte alle aufeinander und genossen unisono bei Jause und Getränken das hier gebotene Kunstprogramm:

Das Team der Leobner Hütte hatte alle Hände voll zu tun um über 100 Wanderer mit Getränken und Essen zu versorgen, während Heli Stangl und Sans Moustache den musikalischen Auftakt gaben.

Flotte Rhythmen nach Django Reinhard, Gipsy Swing und einschmeichelnde französische Chansons, interpretiert von der fünfköpfigen Band eines Polsterlift-Aktivisten (Sans Moustache). Danach hinreißende, schlagartig an den ‚dritten Mann‘ erinnernde Wienerliedklänge, authentisch erzeugt durch Harmonika und Zither (Soyka Stirner). Zwischendurch eingestreut Literarisches von Bodo Hell – Textauswahl anhand einer just kürzlich in Eisenerz aufgetauchten, mit ‚Gerhild‘ bezeichneten Ringmappe des Autors (Johannes Silberschneider, stellvertretend). Ebenso: Schwarzhumorige Kurzgedichte aus Karl Stirners Band 73 schmähfreie vierzeiler in wienerischer sprache. Dann noch Teil vier der ideenreichen Modenschau mit praktischen Anregungen (Götz Bury, auf aparte Art unterstützt von Assistentin Maria vom Grazer Kunstverein Roter Keil).

Karl Stirner und Walther Soyka mit Zither und Akkordeon, das heisst urwienerische Ethnomusik vom Feinsten. Götz Bury, Philosoph, Recycling-Bildhauer und Entertainer. Johannes Silberschneider, den grandiosen vermissten Bodo Hell würdigend. Publikum: vielzählig und interessiert.

Nach etwa zwei Stunden führte der Weg weiter abwärts zur Handlalm, wo die etwas kleiner gewordene Wandergruppe von den Sennern sehr freudig begrüßt wurde. Hier bot sich ein weiterer idyllischer Ort und letzter Schauplatz für Musik und Literatur und Performance, und die Anwesenden genossen im gemütlichen Almhütten-Ambiente einmal mehr französische Klänge, urban anmutende Jodler, Bodo Hell Texte und den letzten Teil der Modenschau, alternativem Schuhwerk gewidmet.

Abstieg zur Handlalm, herzlicher Empfang des Sennerpaars, inspirierendes Umfeld für weitere Performances…

…ob in der Wiese, auf der Hausbank, rund um die Hütte: gespannt folgte man dem anregenden ‚Bühnengeschehen‘ (hier: jazzige Jodler von Zurbrügg & Hudecek als Rhythmus für Götz Burys Tanzeinlage)

Rundum entspannte, lächelnde Gesichter zeugten von durchwegs heiterer Stimmung – das ganztägige Z*ARTe Natur- & Kultur-Erlebnis hatte bei den Teilnehmer*innen sichtlich Freude und Wohlbefinden ausgelöst…

Französische Klangkulisse auf der Alm, nicht oft zu erleben… etwa ebenso selten wie Silberschneider-Lesungen!

Um circa 18.30 Uhr erreichten die letzten der Gruppe den Ausgangspunkt, und die meisten traten zufrieden die Heimreise an. Rund 25 Personen, darunter solche, die nicht mitwandern konnten, fanden sich zum Abschluss noch im Präbichlerhof ein, wo Soyka Stirner, Toni Burger und Johannes Silberschneider weitere Musik- und Texteinlagen boten.

 

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FOTOS:

Wir danken Thomas Raggam (The Schubidu Quartet) für seine kurzfristige Zusage und enthusiastische Teilnahme, für die schönen Bilder und die Diaschau, die er auf Basis seines umfangreichen Materials gebastelt und mit Musik von Soyka Stirner unterlegt hat – seht selbst:

DIASHOW Kultur-Polsterlift-Tour 2024

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Randbemerkung

Für viele war die Kultur-Polsterlift-Tour eine erfreuliche, lohnende Unternehmung, als solche nahezu perfekt – wozu das prachtvolle Wetter einen sehr wesentlichen Beitrag leistete.

Viele reisten von weit her dafür an – was die Attraktivität dieses Formats bestätigt:

Ein Ausflug in ein reizvolles Wandergebiet, verbunden mit dem Erlebnis eines Retro-Sessellifts als Aufstiegshilfe und eines hochkarätigen Kunstprogramms scheint für ein vielzähliges naturliebendes Kulturpublikum ein rares Ereignis zu sein!

Herrlich, wie entspannt so eine Kulturwandertour ablaufen kann…

 

Das positive Feedback von Teilnehmenden und Mitwirkenden regt zu Überlegungen hinsichtlich einer Neuauflage an.

Ein einziger Programmierfehler dieser Erstauflage – erwachsen aus der herrlichen Langsamkeit des Sessellifts – wäre allerdings auszumerzen: Die künstlerische Animation am Berg muss bereits mit den ersten Ankommenden starten, um derart den Zeitraum, bis die letzten den Sattel erreicht haben, zu überbrücken.

Aber was, wenn alles fein programmiert und penibel organisiert ist, und dann das Wetter nicht mitspielt, der Lift gar nicht fährt ?

Die Erfahrung der letzten völlig verregneten Kultur-Almen-Tour im Jahr 2013 lehrte uns, dass in solchen Fällen die Zahl der Teilnehmenden jener der Mitwirkenden ungefähr die Waage hält… eine bittere Erfahrung als Veranstalter, nicht eben förderlich für weitere Ambitionen. – Es dauerte 11 Jahre, bis es zur Erneuerung dieser Kulturwanderung kam…

Die Kultur-Almen-Tour (jetzt: Kultur-Polsterlift-Tour) als zwiespältiges, de facto janusköpfiges Programmformat: Alle lieben sie bei Schönwetter. Keiner kommt bei Schlechtwetter.

Wenn dieses Format neu inszeniert werden soll – worüber sich viele freuen würden – , braucht es einen Modus operandi, der sicherstellt, dass ein fein und hochrangig für die Natur kompiliertes Kunstangebot bei unwirtlichen Verhältnissen nicht ‚verschwendet‘ wird, weil fast niemand kommt .

 

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Wanted: Diskussion !

Gerne möchten wir mit bisherigen Teilnehmenden, Fans und Interessenten einen Diskurs darüber führen, was es brauchen würde damit dieses Kunstwanderungs-Programmformat auch bei Schlechtwetter ‚greift‘!

Frage:
Kann es so etwas wie ‚Kultursolidarität‘ in Form der Teilnahme an einem etwaigen Schlechtwetter-Alternativprogramm geben, bzw. wie kann man eine solche entwickeln ?

Frage:
Ist es überhaupt denkbar, dass Schlechtwetter-Features das Naturerlebnis ersetzen ?
Beispielsweise ein Tag in Vordernberg mit Kunstprogramm im Radwerk IV, einer Art Impro-SoloTheater mit viel Musik und anderen künstlerischen Elementen, zwischendurch einer montanhistorisch-baukulturellen Führung als RegenSpaziergang durch den Ort, oder Wandeln auf den Spuren von Erzherzog Johann, begleitet von der Nachtwächterin, Essen im gut bürgerlichen Schwarzen Adler…?
Beziehungsweise welche anderen Themen oder Orte wären bei unfreundlicher Witterung interessant ?

Frage:
Ist es wichtig und richtig, dass dieses Format kostenfrei zugänglich ist, oder erschiene eine Teilnahmegebühr gerechtfertigt ?
Oder wäre ein im Vorverkauf mit angebotenes AlmCatering eine interessante Option ?

 

Wir freuen uns über Anmerkungen, Ideen, Kritik oder sonstiges Feedback!