Wilhelm Hengstler, geb. 1944. Studium der Rechtswissenschaften. Lebt als Schriftsteller und Regisseur in Graz. Filme (u.a.) „Hundeliebe“ (1983) „Fegefeuer“ (1989), „Tief Oben“ (1995) „Hanns durch die Zeit“ (2006). Veröffentlichungen u.a. „Die letzte Premiere“ (1987) Suhrkamp Verlag, „fare“ (2003) Literaturverlag Droschl, „HANNS durch die Zeit“, (2007) Bibliothek der Provinz. Kulturredakteur bzw. Theaterkritiker bei „Steirerkrone“, „Volksstimme“, „Die Presse“ und dem mittlerweile verschiedenen „Korso“. Langjähriger Leiter des Filmreferates im forum stadtpark, während der Neunzigerjahre Fernsehshows und die Landesausstellung „Auf Erz gebaut“.
Preise u.a. 1970 Literaturpreis der Stadt Graz, 1972 Theodor-Körner Preis, „Viennalepreis 1989“, „Manuskriptepreis 2004“
„TIEF OBEN“
Spielfilm, AUT 1994, 90 min., 35mm, Regie: Wilhelm Hengstler
Eisenerz, die Eisenerzer und ihr Erzberg, der Schichtturm, die Bergwerksstollen, Brecher, Abbaustufen, Schwarzer Hof oder Grüner See waren 1994 Thema und Schauplatz von Wilhelm Hengstlers Spielfilm „Tief Oben“. Mit Peter Simonischek, Birgit Linauer, Hans Platzgumer, Barbara Steele und Gerhard Balluch prominent besetzt verwebt der Regisseur, ausgehend von der Tradition der Eisenblütenkästchen, Motive unterschiedlichster Genres wie Horror- Musik- und Heimatfilm, der Zeitreise und natürlich „Boy Meets Girl“.
Ein gotteslästerlicher Hammerherr namens Gasteiger (Peter Simonischek) zieht sich im 16. Jahrhundert vor aufständischen Knappen in die Gegenwelt seines geheimnisvollen Eisenblütenkästchens zurück. Als sich vierhundert Jahre später die Studentin Barbara (Katharina Wressnig) für ihre Dissertation auf die Suche nach diesem geheimnisvollen Kästchen macht, setzt sie damit eine Kette unheilvoller Ereignisse in Gang. Der angehende Rockmusikers Hans (Hans Platzgumer) schließt einen faustischen Pakt mit Gasteiger, um das fehlende, musikalische Talent gegen das erste Lebewesen einzutauschen, das ihm über den Weg läuft – natürlich ist das seine Barbara. Dann muss er erkennen, dass es seinerzeit bei dem Tod seines Vaters nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Zu allem Überfluss scheint sich Barbara in den durchaus charmanten wenn auch gottlosen Hammerherren zu verlieben… Und als schließlich Gasteiger die Mutter (Barbara Steele) von Hans tötet, zertrümmert dieser aus Rache das Eisenblütenkästchen. Nun kehrt die Vergangenheit mit all ihren Untoten aus der gottlosen Gegenwelt Gasteigers zurück. Glücklicherweise taucht der leicht verrückte Professor Seligmann (Gerhard Balluch) noch rechtzeitig auf, um das Eisenblütenkästchen zu reparieren und die Welt wieder ins rechte Lot zu bringen.
Nette Untote, Liebe als Sarkasmus, naive Wissenschaft und raffinierte Naivität, Familie als Schreckenskammer, Weltgeschichte tief in der Provinz und Horror, der wenig schreckt… nur gut, dass wenigstens Platzgumers orphische Musik noch Tote zum Leben erweckt.
„Tief Oben“ realisiert das Konzept der romantischen Ironie. Weder werden seine alpenländischen (und klassischen) Mythen und Motive ernst genommen, noch für bloßen Klamauk missbraucht. „Tief Oben“ führt seine einschlägig bekannten Themen mit ihren bösen Bedeutungen ad absurdum und demonstriert so spielerisch ihre trickreiche Konstruktion. „Tief Oben“ ist kein Überwältigungsfilm, er lässt das Blut in den Adern weder gefrieren noch kochen, scheinbar naiv ist er politisch durch und durch unkorrekt.
Eine gewisse Berühmtheit hat der Regisseur Wilhelm Hengstler dadurch erlangt, dass er eine Nacht lang nackt Regie führte, um die Statisten aus Eisenerz zu bewegen ihren Vertrag einzuhalten und ebenfalls nackt aufzutreten. (Vergeblich)
„Tief Oben“ – für Liebhaber cooler Ironie
Aktuelles Interview mit Willi Hengstler über „Tief oben“, erschienen am 29.06.2011 auf areaV