Samstag, 16. Juli 2022, Mittag. Ich bin unterwegs zu Omar Khir Alanam, um mit ihm nach Eisenerz zu fahren. Abends tritt er im Erzbergbräu auf, und bekocht seine Gäste. Omar wohnt mitten im Zentrum von Graz, unweit des Schlossbergplatzes. Zum Glück kann ich mit dem Auto in den Innenhof des Gebäudes zufahren, denn es gibt viel zu transportieren: Zutaten für ein vielfältiges Mahl für rund 50 Personen. Vor der Tür lehnen schon reichlich Säcke und Kartons, die wir gemeinsam in den Kofferraum räumen. Omar läuft noch einmal nach oben um den Rest zu holen. Dann geht’s mit etwas Verspätung los. Doch nach kurzer Strecke heißt es, nochmals umdrehen: Omar hat was vergessen. Dann muss noch getankt werden – mein Fehler – , und eine kilometerlange Baustelle auf der A9 kostet weitere Zeit.
Circa um 13.45 Uhr treffen wir schließlich im Erzbergbräu ein. Helga und Ingrid, die ihre Hilfe in der Küche angeboten haben, warten schon ungeduldig. Omar begrüßt die Anwesenden überschwänglich und räumt in aller Ruhe das Auto aus. Nur noch wenige Stunden bis zum Beginn der Veranstaltung um 18 Uhr… Grund genug, leicht nervös zu werden, doch ich denke mir, ruhig Blut, wenn schon der Protagonist so entspannt ist, wird schon alles klappen.
Ich ziehe mich zurück, und komme erst knapp eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn wieder an den Ort des Geschehens. In der Küche herrscht emsiges Treiben. Im Lokal ist alles vorbereitet, zusätzliche kleine Tische sind im hinteren Bereich aufgestellt.
Längst ist diese neuartige Veranstaltung, bei der der syrische Jungautor und passionierte Hobbykoch Omar Khir Alanam für sein Publikum orientalisches Essen mit europäischem Einschlag zubereitet, ausverkauft. Es gab so viele Anfragen, dass man die Plätze des Erzbergbräu zweimal hätte füllen können. Ich bereite am Eingang die Kassa vor und verteile Programmkarten auf den Tischen. Mulham Abordan, der die Lesung musikalisch begleiten wird, taucht gemeinsam mit dem Filmer Markus Haslinger (XXkunstkabel) auf. In der Küche wird es allmählich leiser. Omar wechselt seine Kleidung. Erste Gäste treffen ein. Reini schenkt Bier aus.
Punkt 18 Uhr präsentiert sich das Erzbergbräu prall gefüllt, kein einziger Platz bleibt leer. Die Gäste kommen aus der ganzen Steiermark, nur ein kleiner Teil kommt aus Eisenerz. Nach einer kurzen Begrüßung und Einleitung übernimmt Omar Khir Alanam das Wort, und erobert mit seinem charismatischen Wesen und seiner offenen Art die Gäste im Sturm! Der 31-jährige Syrer, den es 2014 nach Österreich verschlug, der hier in kürzeste Zeit deutsch lernte und schon bald mit eigenen Texten auf Poetry-Slam-Bühnen reussierte, und der in den letzten Jahren mehrere Bestseller schrieb, liest aber nicht aus seinen Büchern, das ist nicht seine Art. Omar spricht frei, und erzählt dabei aus seinem Leben. Er berichtet von seiner Flucht und wie er in Österreich aufgenommen wurde. Er scherzt über die kleinen kulturellen Unterschiede zwischen der arabischen und der westlichen Welt und die Missverständnisse, die daraus resultieren. Und er philosophiert über das Wesen unserer Gemeinschaft. Zwischendurch greift der afghanische Musiker Mulham Abordan zur Gitarre und produziert einschmeichelnde Klänge, inspiriert von Flamenco und verstärkt durch eine Loop-Station.
Schließlich ist es Zeit zu essen; alles wird, wie im Orient üblich, gleichzeitig in Schüsseln und auf großen Tellern serviert, die in der Mitte der Tische platziert werden. Neugierig und hungrig greifen wir zu. Es sind Speisen aus Reis, Gemüse, Faschiertem, Hülsenfrüchten und exotischen Gewürzen, die feine und ungewohnte Geschmackserlebnisse hervorrufen. Omar geht von Tisch zu Tisch, fragt wie es mundet. Seine Mühe hat sich gelohnt: Alle wirken sehr zufrieden. Zu erwähnen ist, dass die köstlichen Süßigkeiten aus Datteln und anderen Zutaten von Helga und Ingrid kreiert wurden, die sich wochenlang mit orientalischen Kochbüchern auseinandergesetzt haben. Binnen kurzem ist alles aufgegessen, auch ein Zeichen, dass es gemundet hat.
Am Ende bietet Omar seine mitgebrachten Bücher an, die er bereitwillig signiert. Es hätten mehr sein können, denn es bleibt kein einziges übrig. Der informelle Teil des Abends dauert nach lange an, und endet in spürbar guter Stimmung; jeder Gast scheint vergnügt und kulturell bereichert das Lokal zu verlassen.
Was kann man sich mehr als Veranstalterin Besseres wünschen?
Aufgrund der hohen Nachfrage und des Erfolges schreit dieses Format nach einer Neuauflage. Eine solche wird für 2023 eingeplant.
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Das Video von XXkunstkabel zeigt in bewegten Bildern, wie der Abend war!