Vielfältig waren schon in der Vergangenheit die Bemühungen von eisenerZ*ART, sich Traditionellem auf nicht ganz herkömmliche Weise zu nähern. Nun schien die Zeit reif, dem altüberlieferten Phänomen des Jodelns einen eigenen Schwerpunkt zu widmen. Mit diesem Ansinnen begannen Gil Illmaier (eisenerZ*ART), Franz Schmuck (Broadlahn, Vocal Chordestra) und Herbert Krienzer (Steirisches Volksliedwerk) bereits Anfang 2014 darüber zu grübeln, ob und wie sich in Eisenerz ein Jodelfestival etablieren ließe. Man sinnierte gemeinsam über ein international angelegtes Festival, bei dem MusikerInnen bestenfalls aus mehreren Kontinenten einander musikalisch begegnen können.
Eineinhalb Jahre später, exakt von 2. bis 4. Oktober, fand Jö Truljö! statt, ein für Kenner hochkarätiges fachspezifisches Festival mit MusikerInnen, ReferentInnen und TeilnehmerInnen aus Deutschland, Italien, der Schweiz und verschiedensten Teilen Österreichs. Drei Tage widmeten sich die rund 100 TeilnehmerInnen bei strahlend schönem Herbstwetter in der Enklave der Eisenerzer Ramsau ihrer vielleicht größten Leidenschaft: dem Jodeln.
Tag eins lud die frisch aus allen Richtungen Angekommenen zum jodelnden Wandern ein. Entschlossen erklomm eine rund 30-köpfige Gruppe den Kraglschinken, eine zweite, etwa gleich große Gruppe brach am Nachmittag auf, um übers Hohenegg zum Schichtturm und in die Eisenerzer Altstadt zu wandern. Die gesellschaftliche „Verortung“ geschah dann abends in Form von Stammtischen im Erzbergbräu und dem Bräustüberl – wo man sich bis nach Mitternacht dem Rausch des Jodelns hingab.
Tag zwei galt dem Erfahrungsaustausch und der Wissensvermittlung: In einem offenen Forum, das dem Wetter entsprechend im Freien stattfand, gaben die versierten JodlerInnen ihre ureigenen Jodelpraktiken weiter. Am Nachmittag wurden dann zwei Fachvorträge geboten: Hermann Fritz klärte über verschiedenste Verzierungstechniken in dieser beständig zwischen Kopf- und Bruststimme wechselnden Gesangsform auf. Ulrike Zöller wiederum führte anhand zahlreicher Hörbeispiele und Videoeinspielungen aus, dass Jodeln ein globales Phänomen ist, das in vielen Teilen der Erde praktiziert wird – allerdings mit unterschiedlichster Motivation. Während es in unseren Breiten ursprünglich als Verständigungsform in den Bergen bzw. als Viehruf diente, hat es anderswo oft einen religiösen Hintergrund.
Der Abend stand dann ganz im Zeichen dreier unterschiedlicher Konzerte.
Den Auftakt machte die Südtiroler Gruppe Opas Diandl, die ihre ganz eigene Form von alpenländischer Musik pflegt, in der sie geschickt und gänzlich unverstärkt alte Weisen mit musikalischen Einflüssen, von Barock bis Punkrock, verbindet.
Das zweite Konzert kam von La vache qui crie: Das weibliche Berliner Trio gab in gekonnter Selbstinszenierung Jodler aus den österreichischen und Schweizer Alpen, dem zentralafrikanischen Regenwald, aus Hawaii und Texas, aus Lappland und Georgien zum Besten.
Konzert Nummer drei wurde von Vocal Chordestra bestritten. Einer Formation, die an diesem Abend zweifellos den experimentellsten Zugang zum Jodeln bot und damit bei manchen Zuhörern für Irritation sorgte. Das Grazer Duo, das aus Franz Schmuck (Percussion) und Annette Giesriegl (voice) besteht, bewegte sich geschickt und effektvoll zwischen Ethno-Sounds, Jazz, freien Improvisationen, Live-Elektronik und vielfältigen Perkussionswelten.
Ein gemeinsames Set aller drei Gruppen brachte die Veranstaltung zum Ausklingen und wurde mit tosendem Applaus von rund 150 Gästen belohnt.
Tag drei des Festivals war geprägt von Workshops, die von den Protagonisten der Konzerte des Vorabends (Markus Prieth, Ingrid Hammer, Franz Schmuck) und von Willi Mayer gestaltet wurden. Dabei konnten die TeilnehmerInnen, nach einem einführenden Vortrag von Herbert Krienzer, nacheinander die verschiedenen Zugänge zum Jodeln erproben und sich in gänzlich neue Gefilde – wie etwa Ober- und Untertongesang – wagen.
Sonntagabend hieß es dann – noch völlig beeindruckt von den intensiven Jodelerlebnissen – Abschied nehmen, von alten Bekannten und neu gewonnen Freunden.